Web 2.0, Datenschutz und Demokratie (ein kleines Pamphlet)

"Wenn wir es mit dem Datenschutz ernst meinen, müssen wir ernst machen. Der Teilrückzug aus dem Web 2.0 sollte beginnen."

Teilrückzug aus dem Web 2.0 | kopfzeiler.org

Was immer ein "Teilrückzug" sein soll (außer Gefasel; entweder ganz oder gar nicht):

Ich halte obigen Satz für massiv behämmert.

Warum?

Die Bundesrepublik beruht auf ein paar Grundpfeilern.

Persönliche Freiheit, Freiheit der Meinungsäußerung, Freiheit, sich zu Gruppen zusammenzuschließen (neudeutsch: sich zu vernetzen).

Das Social Web (Web 2.0 ist und bliebt ein wabberiger Sales-Drohnen-Begriff) bedeutet genau die Installierung obiger Prinzipien im digitalen und globalen Raum.

Diesen Raum aufzugeben, zu "räumen" und ihn Medienhäusern, Firmen, mehrdimensional kurzgehaltenen Berufsjournalisten zu überlassen, wäre der größte Bärendienst, den man der Freiheit und dem digitalen Raum erweisen könnte.

Wenn überhaupt wird sich zeigen müssen, wie politisch, sozial, wirtschaftlich und juristisch transformierend die "Strength of Weak Ties" vermag zu werden.

D.h. wenn wir...

* eine neue politische KULTUR (statt Geschwafel zwischen Wahlterminen)

* neue soziale NETZE (statt Ellenbogengerammle)

* neue Arbeitswelten mit neuer Kreativität (statt Hierarchiegenudel)

* neue "Rechtspersonen" (die den Wumms zusammenkratzen, um sinnlose Normen zu reformieren)

... haben wollen, dann werden wir die nicht beim Müslistampfen oder am Kneipentisch zusammenbasteln können sondern im Wesentlichen über digitale Kanäle und Vernetzung, über digitale Diskussion und Meinungsbildung.

Naturellement: "il faut cultiver notre jardin", aber der ist das digitale Netz und nicht der hinterm Haus.

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Kommentare

  1. Meine vollumfängliche Zustimmung.
    Anstelle von PartyFotosSchadenDerKarriere-Argumenten selbst vom Bitkom-Präsidenten bin ich für Wie-Lerne-Ich-Ordentlich-Flickr-Fotos-Taggen-Unterricht schon in der Grundschule.

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    1. In der Grundschule sollen die erstmal die richtige Anzahl von Konsonanten und Vokalen in ein lesbares Wort kriegen und das Ding mit dem kleinen Einmaleins klären.

      Wobei J. in Klasse 2 schon seine erste "Präsentation" hatte ("Der Braunbär", multimedial mit einem -- Poster ;) (ok, mit Fotos aus der Wikipedia ;) ) )

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  2. So ein wenig Emo kommt ganz gut manchmal.
    Stellung halten! Weiter so.

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  3. Fair enough, dass der digitale Raum ein wichtiger ist. Geschenkt auch, dass wir ihn brauchen und nutzen werde um Gesellschaft weiter nach unseren Idealen zu gestalten. Das ist immerhin unser Netz.

    Aaaber: Johas Forderung war ja eine Antwort auf die Frage, wie man denn bitte Datenschutz im Web 2.0 durchsetzt. Und völlig richtig hat er aufgezeigt, dass der Staat Datenschutz zuerst als Täterschutz versteht und wir auf den so schnell nicht rechnen können.

    Aber auch Dein kleine Pamphlet (das ich inhaltlich voll unterstütze) hat keine Antwort auf diese Frage. Deswegen finde ich "massiv behämmert" ein etwas überzogenes Urteil.

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    1. Erstnmal danke für die bisherige Zustimmung auch an dei anderen Kommentatoren, ich komm mir manchmal etwas blöd vor ;)


      ***
      Naja gut,man muss manchmal etwas pointieren. ;) Ich habs a auch aufs Statement bezogen und nicht auf die Person ;)

      Aber sowas zu schreiben wie oben und NICHT zu präzisieren, was das sein soll (nur noch anonym/multipseudonym via TORR oder wie? nicht mehr bloggen? kein xing? kein KWick, WKW, studivz, digitalfotos oder was? nur noch mit wegwerfhandy/sim online? was soll das denn sein ein 'Teilrückzug'? Das ist wie "ach, lasst uns nur noch ein bisschen schwanger sein, ok?")

      Mal n anderer (provokanter ;) ) Ansatz mit These drin versteckt:

      Scheißt den Staat so mit Daten zu, dass ihm, so schwindlig wird, dass er kotzt.

      Mailt dem Innnenministerium täglich euer Bewegungsprofil [dfas ist jetzt reuin figurativ zu verstehen und nicht aus aufforderung zu einer DoS-attacke ,) ], rss2mail an sie eure Blogeinträge Statusmessages, alles. Man will ja in Sicherheit sein und garantieren, dass der Staat optimal informiert ist. Nicht?

      Fakt ist, dass beim Staat, bei der Polizei und sonstwo gar nicht genug LEUTE und KAPAZITÄTEN da sind, um auch nur die Daten (in unter nem halben Jahr) auszuwerten, bei denen ne Anzeige vorliegt. Und selbst wenn wir morgen aus Afghanistan heimfahren ist auch nicht genug GELD da um einfach ein paar hundert oder tausend Datenanalytiker einzustellen.

      Klar kann der Staat sammeln, aber er kriegt das gar nicht verwurstet.

      Also: Gebt dem Staat eure Daten, während er die "verarbeitet" macht er schon keine anderen Fehler.

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  4. Hallo Oliver,
    ich finde es idealistisch und richtig, dass du auf eine Entwicklung des Netzes und der Gesellschaft hoffst, die unserer Utopie entspricht. Es wäre aber fahrlässig, den Realitäten nicht ins Auge zu blicken: Wie schon Kai Biermann (ist in meinem Text verlinkt) geschrieben hat – weder Staat noch Wirtschaft haben ein Interesse an Datenschutz. Datenbanken (ob online oder offline, Payback etc.) werden einmal richtig viel Geld bringen (und tun es schon, siehe Wahlkampf in den USA), und bei Diensten aus den USA wird Dich niemand fragen, ob Du Bock darauf hast, dass Dein Profil verkauft wird.

    Deshalb gilt es zu fragen: Was muss ich mitmachen, was nicht? Wenn ich publizieren will, brauche ich ein eigenes Blog, auch mit den entsprechenden Disclaimern. Aber alles, was darüber hinausgeht, sollten wir unter die Lupe nehmen. Das mache ich gerade, deshalb wirkt der “Teilausstieg“ tatsächlich noch unkonkret. Außerdem möchte ich anderen Menschen nicht vorschreiben, ob sie twittern, bloggen oder sonstwas tun sollen.

    Dein Argument, Datendurchfall zu produzieren, sticht nur, wenn es um allgemeine Scans geht: Du weißt doch aus Erfahrungen, wie bestimmte Infos aus dem Web gegen eine einzige Person verwendet werden können (z.B. jüngst die Rants gegen Thilo Baum). Kombiniere das mit ein paar anderen Quellen oder kaufe ein paar Daten dazu und Du hast z.B. als PR-Industrie eine sagenhafte Möglichkeit, einen Menschen zu diskreditieren oder zumindest ein nettes Psychogramm anzufertigen, falls dieser gerade dabei ist, über Dich unangenehme Dinge herauszufinden. (ich hoffe, das hört sich nicht zu weltverschwörerisch an, denn so ticke ich wirklich nicht).

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  5. Nunja, alles ja soweit richtig. Allerdings macht man sich schon so seine Gedanken. Vor allem, wenn man im Urlaub grade den Roman TalkTalk von TC Boyle gelesen hat. Da geht es um die schlimmen Folgen von Identitätsdiebstahl mit allem drum und dran (Kreditkartenbetrug, Schulden machen, Verbrechen verüben...). Okay, das ist USA, nur schwierig zu vergleichen mit EU, trotzdem. Überlege schon, ob ich hier und da mal ein paar Daten aus dem Lebenslauf rausnehme, zB das konkrete Geburtsdatum werde ich wohl nicht mehr ins Netz stellen...

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  6. Man sollte vielleicht das mit dem Datenschutz einfach so handhaben, daß Dritte gar nicht die Daten veräußern dürfen, sondern nur man selbst. Beim Urheberrecht wird immer so sehr auf das geistige Eigentum mit horrenden Strafzahlungen gepocht - warum gilt dies nicht bei den persönlichen Daten? Ich finde aber den Vorstoß gar nicht schlecht, daß der Datenhandel generell verboten wird (Endlich ein Ende dieser Schobers und Adressbroker!). Ich frage mich sowieso, warum andere Geld mit den Daten verdienen und man selbst nicht einmal eine Provision erhält. Wäre doch eine schöne Web-Plattform... User registrieren sich, lassen vieleicht auf Wunsch ihr Online-Verhalten, Bestellungen etc. dort zusammelaufen - ähnlich Friendfeed etc. und jeder, der die Daten haben möchte kann nach den Profilen die User selektieren und diese den potenziellen Käufern selbst gegen Bares verkaufen (bzw. die poteniellen Käufer müssten sich beim User bewerben)- vielleicht könnte der User dann sogar den Preis festlegen ;-)

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  7. Ein paar (en passant manchmal wieder eher provokante ;9 ) Punkte:

    * Die wirtschaft hat die ganzen Backdoors für Kryptographie verhindert.

    * Ungezielte Werbung (oder sagen wir 'Interessentenansprache' vernichtet täglich massive Produktivität in Firmen.

    D.h. an sich müsste die Wirtschaft massiv daran intessiert sein, nur 'gute' Daten über Interssen etc. zu haben.

    Mal ein Szenario:

    eine digitale tageszeitung, ber der die A*di-P*nny anzeige NUR Sachen zeigt, die MICH interssieren, wenn ICH das Ding in der Hand habe.

    Also: windelsonderangebote solange deiKids uter 3,5 sind, sonst nicht. SD-Karten nur für die geräte, dei ich auch habe.

    Fände ich prima, weniger Noise, Werbung als Info.

    ***

    Ich stand EINmal mit Adresse auf der 'Feindesliste' von Neonazis (die Liste war von nem Typen aus Florida). Ich bin seit 1989 im netz unter Klarnamen aktiv.
    wenn mich sonst im Netz Leute anmachen, ging es massiv MEHR Leute, die mich besser kennen, WEIL ich hier als Person aktiv bin.

    Du findest auch jetzt mehr Infos über mich online als Du in langer Zeit auswerten kannst. sicher kannst du dir daraus IRGENDwas zusammenbasteln, aber es ist ggf. auch das Gegenteil dokumentiert.

    nd wenn mich n PRler anspricht (wie kürzlich welche mit nem Samsunghandy das ich grad notgedrungen benutze weil mein anderes weg is und über das ich täglich fluche) ist es mir lieber er weiß genau, was ich mit so nem Handy anfangen will (Mobloggen, twittern brightkite etc.) und schickt es mir gar nicht erst, wenn es keine Volltastatur und kein WLAN hat ;)

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  8. Also wenn ich deine Kreditkartendaten will, dann gucke ich drauf während ich dei Karte beim bezhaklen inder hand hab und no´tier auch die superpin da.

    Und dein Geburtstdatum krieg ich vom Einwohnermeldeamt für 5 EUR. (IIRC)

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  9. Das ist ne hübsche Idee. Ich hab in ner Firma, in der ich fürs Marketing zuständig war, einmal Schober-Daten gekauft.

    Null leads (Messebesuche in anspruch genommen, nicht zum stand gekommen ;) )

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  10. ich finde auch, dass es massive Probleme beim Datenschutz gibt. Das hat gar nix mit Social Web zu tun, aber mit der Digitalisierung von Daten - und auf diesen massiven Datenklau brauchen wir doch eine Antwort. Und da muss man doch überlegen, ob man die Menschen vor sich selbst und ihrer eigenen Freizügigkeit mit ihren Daten schützen muss. Der deutsche Staat schreibt ja auch Anschnallen vor. Datenschutz ist auch ein Stück Freiheit.

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    1. Das mit dem "Datenklau" kommt mir ein bisschen so vor wie der ausdruck von der 'Privatkopie' als 'Raubkopie'.

      Sicher ist das 'unerlaubte Weitergabe personenbezogener Daten' oder sowas.

      Aber '*-Klau'?

      Oder irre ich?

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    2. Manchmal ist es wirklich so, das jeder überall seine Daten eingibt und die Folgen nicht überschauen kann.

      Nur immer wieder Gesetze, die die Freiheit einschränken, bringt es auch nicht.

      Jeder weiß doch, dass solche Rabattsysteme zum Beispiel nur darauf ausgerichtet sind, das Leben bzw. Kaufverhalten des Kunden zu erforschen, um bessere und zielgenaue Werbung unterbringen zu können.

      Solange das Gesetz sowas zuläßt, wird es auch immer einen Datenhandel geben.

      Die oft von Politikern angesprochenen Rahmenbedingungen stimmer ganz einfach nicht.

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  11. Sobald ich nicht mehr kontrollieren kann, wer was mit meinen Daten macht, ist das für mich nicht mehr ok. Da scheiße ich auch auf zielgruppengerechte Werbung. Ich will bei der Verwendung meiner Daten zustimmen können und ich will nicht, das meine Daten einfach so weitergegeben werden. Darum geht es aus meiner Sicht. Auf meinen eigenen Seiten, kann ich bestimmen, was ich veröffentliche. Auf anderen Seiten muss es Grenzen geben, weil das der einzelne nicht mehr Kontrollieren kann. Und den Staat mit Daten zumüllen? Die durchsuchen die Daten genau so schnell wie ich das Netz mit Google nach Stichwörtern. Und - plong - falsches Stichwort eingegeben und schon bist im Netz der Fahnder. Naja, komplexes Thema...und nicht einfach so am Sonntag Mittag zu lösen ;-)

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    1. An sich sollte ja deutlich sein, dass ich nicht für unkontrollierte Weitergabe von Datensammlungen bzw. Profilen bin.

      Mir scheint nur die Konsequenz, dann auf öffentliches Agieren zu verzichten, unangemessen bzw. masssiv kontraproduktiv.

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  12. Okay, jetzt mal eine ganz gewagte These. Daten kann man nicht schützen.

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  13. Tut mir leid Oliver, aber darüber darf ich nicht sprechen. ;-)

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    1. Ach komm, du erzählst es und, auch wenn du uns dann alle umbringen musst`, ok?

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