Social Medias Guidelines

Worterklärungen:
- "Social Medias" sind wichtig und englisch. Daran merkt man, dass sie wichtig sind. Manche werden darauf hinweisen, dass "Media" schon der Plural von "Medium" ist. Das sind Besserwisser, die einen billligeren Berater hatten als wir. Einfach beschimpfen. Wir machen ein "s" dran, damit es sicher Mehrzahl ist.
- "Guidelines" ist auch englisch und heißt an sich sowas wie Leitlinien. Wir meinen aber Regeln, wir sagen nur aus Nettigkeit Guidelines. Das hat der Berater gesagt und der war teuer. Also: WEHE!
- "Blog, der": Ältere Leute, die schon seit 1999 bloggen, sagen "das Blog", das sind altmodische Menschen. Einfach beschimpfen oder ignorieren und auf den Duden hinweisen, der auch "der" erlaubt. Österreicher und Schweizer sagen auch 'der Blog', die finden wir gut, weil es in der Skihütte immer so abgeht. Drum: Der. Zur Verwirrung nennen wir auch Blogposts "Blog". Beim Wort "Weblog" fehlt ganz offenbar ein zweites b, das machen fast alle Blogger falsch bis auf die paar, die auch unseren Berater hatten (wir hatten schon erwähnt, dass er teuer war?) Also: Webblog. Das Blog ist ja im Web. Auch: "Internetblog".

- "Facebook", ist englisch, siehe oben irgendwo.

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0.
Es gilt der Arbeitsvertrag. Lesen Sie ihn mal. Sie werden überrascht sein.

I.
Sie sind entlassen. Wenn Sie das Internet irgendwie benutzen und es sich nachher rausstellt, dass es doof war, sind Sie entlassen. Am besten Sie ziehen jetzt das Internetkabel aus Ihrem Rechner. - Falsch, das war die Maus. Oder die Tastatur. Oder beides. Das hilft aber auch. Danke.

II.
Sie haben Facebook bisher privat benutzt und XING, um einen besseren Job zu finden als hier. Beides ist Unsinn und hört jetzt auf. Sie benutzen alles gefälligst nur noch, um Leute so lange zu nerven, bis sie unsere Kunden werden. Sonst verdienen wir nix, können die Gehälter nicht zahlen und Sie werden... entlassen, genau.

III.
Unsere Kunden sind doof. Wären sie schlau, würden sie ja hier arbeiten und nicht unser Zeug kaufen. Klar, oder? Und so müssen sie auch behandelt werden. Stellen Sie also in allen Kanälen es möglichst so ein, dass wir reden, posten, twittern und bloggen können, aber möglichst keiner uns antworten kann oder gar Lust dazu kriegt. Notfalls moderieren wir die Antworten und schicken die zuständige Person 50 von 52 Wochen im Jahr in Urlaub. Antworten macht nämlich Arbeit, Arbeit, die nix bringt. Je mehr wir was arbeiten, was nix bringt, desto mehr Leute müssen wir entlassen. Wir fangen natürlich mit Ihnen an, schon klar.

IV.
a) Wenn wir nicht so schlau wären und nur Top-Mitarbeiter einstellen würden, würden wir davon ausgehen, dass unsere Mitarbeiter rechtsradikale Content-Diebe sind, die ständig fremde Inhalte aus dem Netz klauen um kostengünstig unsere Kanäle zu füllen. Für das Einsparen des Geldes würden sie befördert.
b) Halt so lange bis es rauskommt. Dann werden sie auch befördert, Aber: Raus aus der Firma. Sie sitzen dann zu Hause unrasiert und ungekämmt im Schlafanzug vor dem Rechner und werden Blogger. Falls Sie sich bisher gewundert haben, woher die Blogger alle kommen (wer würde sich da nicht wundern?). Jetzt wissen Sie's.

V.
Wenn Sie krank sind machen Sie sich wenigstens nützlich. Legen Sie ein paar Facebookkonten an und werden Sie jeweils damit Fan unserer Firmenseite. Aber Vorsicht: Wehe, Sie posten was mit Ihrem persönlichen Facebookkonto während Sie krank sind. Siehe IV b). (Das Wort "Facebookkonto" sieht lustig aus, oder? ookko ookko ;) Aber wir schwoffen ab.)

VI. Wenn mal einer online über unsere Firma schimpft, benutzen Sie eins der überzähligen Konten und widersprechen Sie ihm mit Lob über unsere Firma. Falls Ihnen nichts Lobendes einfällt, empfehlen wir den speziellen "Social Medias Kurs" in Raum K29. Ja, das ist ein Kellerraum ganz hinten am Ende des Ganges, er ist schalldicht. Es gibt eigentlich nur zwei Arten von Leuten. Solche, die rauskommen und sofort ins Social Medias Team übernommen werden, und solche, von denen nie wieder einer was gehört hat. Es geht das Gerücht, man spare so die Abfindung. Das ist natürlich haltlos. Sagt das Social Medias Team jedenfalls.

Wo waren wir? Ah ja:

VII.
WICHTIGE Sachen schreiben wir in GROßBUCHSTABEN. Außer, wenn ein ß drin vorkommt. AUCH DIE ÜBERSCHRIFTEN ALLE. WENN'S GEHT. Notfalls verlegen wir den Firmensitz und die SCHWEIZ. Neben Skihütten finden wir auch RACLETTE öppe glatt. Und niedrige STEUERN. Und ÜBERSCHRIFTEN IN GROSSBUCHSTABEN. Manche behaupten, das sei "Schreien". Ist natürlich UNSINN, man kann mit einer Tastatur nicht schreien. Höchstens jemand zum Schreiben BRINGEN. (Ich sag mal: Raum K29.)

VIII.
Damit das ein für allemal klar ist: Sie dürfen sich während der Arbeitszeit nur auf der Facebook-Seite des Unternehmens aufhalten. Wir SEHEN das! Klicken Sie nicht auf Werbung, Wir wissen noch nicht, ob uns das etwas kostet oder ob sich albanische Hacker dann in unser Lohnbuchhaltung hacken. Wir ziehen das einfach von Ihrem Gehalt ab, machen Sie sich keine Sorgen, dass etwa Kollegen zu Schaden kommen. Oder von der Abfindung, oder dem Betrag, den wir in der Anatomie für Sie kriegen, je nach dem. Zur Erinnerung: Schreiben Sie unter jeden Beitrag von uns wie toll sie das Unternehmen finden. Der Social Medias Berater (€€€!!!) hat gemeint, Sie sollen aber am eigenem Profil nicht freigeben, dass Sie für uns arbeiten. Sonst versucht noch einer, Sie abzuwerben und ruft während der Arbeitszeit deswegen an. Wenn wir das rauskriegen, täte uns das sehr sehr SEHR leid, Ihnen natürlich noch mehr. Aber: Sie wissen schon - entlassen werden ist besser, als Schulung in K29.

IX.
Diese zukünftigen Kunden am anderen Ende sind ganz seltsame Menschen. Vor allem jüngere mit ADHS und einer Aufmerksamkeitsspanne von dreineinhalb Sekunden. Deswegen benützen die auch so komische Abkürzungen wie LOL, BWPWAP und so. Sie wüssten sonst am Ende des Satzes nicht mehr...wollen wir Radfahren gehen?
Jedenfalls stört die das gar nicht, wenn Sie beispielsweise bei Twitter alle achteinhalb Sekunden (Berater, $$$$) oder bei Facebook alle Viertelminute, das selbe posten. Am besten Bilder. Lesen können die nicht. Wie die Kinder freuen sich diese Kinder über Sachen, die sie wiedererkennen. Zum Beispiel vormittags vor 11 und nach 12 und wieder um 15:30 gefüllte Kaffeetassen mit dem Text: "Drücke Like wenn du auch gern Kaffee trinkst, kommentiere wenn nicht, was du stattdessen magst und share, wenn es dir egal ist." Oder Freitags dreiviertelstüdlich ein Foto des schlafenden Kollegen mit der Abkürzung "TGIF". Heißt irgendwie "This Gollege is f... able." ehm, "fabulous" oder so. Kriegt jedenfalls Likes. Sagt der...Siewissenschon. Klimperklimper. Ansonsten teilen Sie einfach alles weiter, was Sie halbwegs witzig finden. Wir haben Sie ja nicht eingestellt, weil Sie Humor haben. Sollen Sie allerdings Humor in sich vorfinden, kriegen wir den in K29 sicher in Griff. Kommen Sie einfach mal vorbei. Ihr Kollege ist eh nicht mehr da wenn Sie wiederkommen. Entlassen.

X.
Wer bis hier gelesen hat darf an dem Workshop "Und was machen wir jetzt mit all den Likes, wo doch unser Produkt Schrott ist?" teilnehmen. Er findet jeden Freitag Nachmittag ab 18 Uhr in Raum K29 statt. Wir freuen uns unbändig auf Sie. Wirklich echt.
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Text: cc-by-sa Oliver Gassner und ein anonymer Beiträger.

Anregungen zur Erweiterung unter og @ ogok.de
Ich berate auch zum Thema Social Web ;)
Bild: cc0 via Pixabay
Idee entstanden in Social Media Friends Austria

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Kommentare

  1. dazu passt http://www.smowl.de/lieken-twitternposten-ohne-angst-vor-jobverlust/ GRUSS!

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    1. Die FRage ist ja, ob solche Guidelines den Leute wirklich die Motivation geben, online was zu machen ... Oder ob sie nur Pseudonamyaccounts bei Facebook generieren.

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  2. Soheila Mojtabaei8. April 2013 um 14:26

    Amüsant und interessant:-) Vielen Dank!

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