Horx über Megatrends


A
m Mittwoch war der Semesterstartvortrag der vhs - verschoben, weil der Referent das letzte Mal absagen musste, wegen eines Bandscheibenvorfalls.
Und der  Referent war Matthias Horx und er  sprach über die  'Macht der Megatrends'.

Er problematisierte durchaus zu Beginn die Frage, inwiefern Prognosen möglich sind und worauf sie beruhen. Der Club of  Rome  mit seinen 'Grenzen des Wachstums' habe z.T. auf Basis von erfundenen Daten spekuliert.
Horx fand, dass jene Negativvorhersagen die Leute fatalistisch gemacht hätten. ich finde eher, dass der Club of Rome nicht zuletzt die ganze Ökobewegung  mit losgetreten hat, aber ...

Gut, Daten.
Horx führe den genialen Hans Rosling an, der mit seinen globalen Datenanalysen zeigt, dass unser Bild dessen, was auf dem Planeten so Sache ist massiv negativer ist als die konkreten Errungenschaften der letzen 200 Jahre.
Wer das anders sieht, kann ja mal den https://www.gapminder.org/ Test machen.

Fazit: Wir sehen die Welt deutlich negativer als sie ist, es gibt keine globale Armutsschere - sie schließt sich eher für die Mehrheit - und wir werden alte älter und sind gesünder als wir so denken. - Und die islamischen Länder sind auch nicht die mit den höchsten Geburtenraten.

Und woran  liegt das nun, dass wir da verzerrt sehen?
An den Medien.

Die 'lügen' zwar nicht, aber sie verzerren ganz massiv. Zum Negativen. Man sollte also von einer 'Verzerrungspresse' (mein Begriff, ich versuche ja auch das Wort 'Hypedeutsch' zu etablieren: alles ist Welle, Tsunami,  Katastrophe, Skandal...) schreiben, die Nicht-Negatives verschweigt (wie  manche behaupten) sondern eben das Positive für  nicht meldungswürdig hält. Denn gute Nachrichten sind nicht 'klickwürdig'. Und rutscht mal eine positive Nachricht durch ("Babys schreien weniger") wird es so bebildert, dass man glaube, gelesen zu haben, dass sie mehr schreien.

Problem am Negativbild ist, dass die Leute zu früh aufgeben. "Nutzt ja eh nichts". wenn ich das recht im Kopf habe, sagt Horx, es sei eben nicht Optimist, wie ihm vorgeworfen (!) werde sondern Probabilist: "Es könnte auch gut ausgehen." Finde ich... gut.



Er ist ja aktuell  in der Kritik, weil er für 2025 einen 'Peak Carbon' voraussagt, dass ab dann die CO2-Welle wieder abflache. ich hab ihn in der Fragerunde nochmals darauf angesprochen, wie er genau dazu kommt. Die Antwort ist (u.a.): China. Dort arbeitet man massiv an der Abschaltung von Kohlekraftwerken und am E-Verkehr.  Parallel kam in der Presse die (ja irgendwie gute)  Meldung, dass E-Busse in China mehr Sprit spare als alle andere E-Autos zusammen.  Nur laufen sie noch weitgehend mit Kohlestrom.  OK, das soll sich ja dann auch noch ändern, solange man beides parallel macht ist das nicht doof. Und nicht wie bei uns erstmal abwartet, bis genug andere Kapazitäten da sind. Zudem führt Horx an, dass die USA deutlich weniger CO2 generieren als befürchtet und dass  die US-Städte eine Art Anti-Trump-Klimaprogramm Richtung regenerative Energien fahren. Sein Argument, es MÜSSE ja bis 2025 einen Peak Carbon geben weil sonst alles den Bach runtergeht... naja, das kann man schon zweifelnd betrachten.
Gegen rechts übrigens hat er sich deutlich kopfschüttelnd positioniert. Für die Friday-Future-Kids hatte er im Nebensatz ein etwas opa-onkelhaftes Schulterzucken (ich glaub er wird in ein oder zwei Jahen 65, erwähnte er), weil sie auf einen Alarmismus reagieren, den er wohl eben eher für schädlich hält. Dazu hätte ich ihn schon gern nochmal gegrillt, aber er twittert ja wohl nicht. ;)

Interessant war auch zu sehen, welche Trends sein Institut identifiziert (Digitalisierung benennen sie als 'Konnektivität, glaub ich, 'Überalterung'  heißt dann 'Silver Society') und wie es darstellt,wie diese Trends sich überschneiden. (also Silver Society und Gesundheit etc..). Die U-Bahn-Karte' dazu kann man sich hier ansehen: https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/die-megatrend-map/

Auch sein latent Hegelsches Dialektikmodell aus Trend, Gegentrend, Konflikt und Synthese finde ich nicht uninteressant. Er zeigte ein paar Beispiele wie eben Digitalisierung durch 'Analog-Trends' (Vinyl etc.) konterkariert wird. Was genau dann hier die Synthese ist, blieb unklar.



Insgesamt höre ich heraus: "Wir schaffen das." (Tschuldigung): "Wir könnten das schaffen." ich hätte die Tendenz nicht zu sehr in das 'Horx ist doof'-Lager abzuwandern sondern seien Argumente einerseits kritisch zu begleiten und anderer seins seinen Hegelianisch-Merkelschen Synthese-Optimisimus durchaus als Haltung, Mindset, ernst zu nehmen. denn ohne ist auch Mist.

***



Noch zu dem Punkt dass Horx 2001 gesagt hat, dass das Internet (weil es so komlipiziert sei) kein Massemedium werde:
- er hat das  aus anderen Studien gefolgert, die wohl nicht GANZ neutral waren sondern eher Verteidigungsbewegungen des analogen Zeitalters
- er hat gesagt, dass es einfachere Geräte braucht, voila: Smartphone
- und ganz spannend: er sagte, dass massive Onlinebestellungen zu erstopften Innenstädten durch Lieferverkehr führen (siehe Berlin...)


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