Warum wir über Reichweite auf LinkedIn sprechen müssen

Reichweite ist auf LinkedIn ein zentrales Thema – insbesondere, weil sie von vielen LinkedIn-Berater:innen stark in den Vordergrund gerückt wird. Es stellt sich die Frage: Warum eigentlich? Es gäbe schließlich viele andere Versprechen, die man machen könnte – etwa einen neuen Job, mehr Umsatz, höhere Gewinne oder andere konkrete Vorteile. Stattdessen wird häufig auf ein leicht messbares, aber nicht zwangsläufig nützliches Ziel fokussiert: die Reichweite.

Etwas Messbares zu versprechen, ist per se nichts Schlechtes. Die entscheidende Frage lautet jedoch: Ist das, was einfach messbar ist, auch tatsächlich das, was für die Kund:innen relevant oder nützlich ist?

Ist Reichweite wirklich nützlich?

Wenn Sie etwas auf LinkedIn posten, wird es zunächst nur einer kleinen Gruppe angezeigt – jenen Nutzer:innen, bei denen LinkedIn aufgrund ihres Verhaltens eine hohe Relevanz annimmt. Interagiert diese erste Gruppe kaum oder gar nicht, wird Ihr Beitrag nur noch eingeschränkt ausgespielt. Erzielen Sie jedoch erste Reaktionen, erreicht der Beitrag sowohl weitere Ihrer eigenen Kontakte als auch Kontakte Ihrer Kontakte.

Dies ist der eigentliche Nutzen von Reichweite: durch Interaktionen organisch größere Sichtbarkeit zu erlangen. Doch bei 3.000 Kontakten und dem Ziel, 300.000 Personen zu erreichen, wird schnell klar, dass Ihr Beitrag zunehmend Nutzer:innen angezeigt wird, die weder eine Beziehung zu Ihnen haben noch Ihre Themen besonders interessieren.

Je größer die Reichweite, desto wahrscheinlicher erreicht Ihr Inhalt Menschen, für die er irrelevant ist. Es fehlt ihnen sowohl an einer Vertrauensbasis zu Ihnen als auch an einer Netzwerk-Nähe, die für ein echtes Interesse sprechen würde. Anders gesagt: Mehr Reichweite bedeutet häufig weniger Relevanz.

Verschlechtert Reichweite die Nutzererfahrung?

Man kann auch fragen: Führt diese Art von Reichweite nicht dazu, dass Nutzer:innen ihre Zeit verschwenden und die Qualität ihrer LinkedIn-Erfahrung leidet? Schließlich sehen sie Beiträge, die für sie kaum von Bedeutung sind.

Ein weiterer Aspekt: Die Gesamtaufmerksamkeit auf LinkedIn ist eine begrenzte Ressource. Jeder einzelne Nutzer hat nur eine gewisse Zeit und Energie zur Verfügung. Das bedeutet: Je mehr Reichweite einige Beiträge erzielen, desto weniger Aufmerksamkeit bleibt für andere Beiträge.

Da es etablierte "Rezepte" für Reichweite gibt – etwa das Posten von Selfies, Präsentationen oder Videos zu bestimmten Zeiten – folgen immer mehr Nutzer:innen denselben Mustern. Dadurch entsteht ein Wettbewerb um begrenzte Sichtbarkeit, der selten zu einer qualitativ hochwertigen Kommunikationskultur führt. Vielmehr klagen viele bereits über eine "Facebookisierung" von LinkedIn: eine Plattform voller oberflächlicher Inhalte und polarisierender Beiträge.

Warum polarisierende Inhalte mehr Reichweite bekommen

Wie auf anderen Social-Media-Plattformen erhalten kontroverse oder emotional aufgeladene Inhalte tendenziell mehr Interaktionen als sachliche oder hilfreiche Beiträge. Ein kurzer, aufrichtiger Tipp wird häufig nur mit einem Daumen hoch belohnt – wenn überhaupt. Polarisierende Aussagen hingegen provozieren Diskussionen und erhalten dadurch mehr Sichtbarkeit, auch wenn sie wenig substanziellen Mehrwert bieten.

Dies führt insgesamt zu einer Abwärtsspirale der Content-Qualität auf LinkedIn: Kontroverse Inhalte erhalten überproportionale Aufmerksamkeit, während nützliche, aber weniger aufregende Beiträge untergehen.

Das strukturelle Problem des Reichweiten-Versprechens

Ein weiteres Problem: Immer mehr Menschen bieten Beratung rund um LinkedIn und insbesondere rund um Reichweite an. Analog zu SEO-Dienstleistern, die ihren Kund:innen versprechen, sie bei Google auf Platz 1 zu bringen, entsteht hier ein strukturelles Dilemma: Wenn ein Berater mehreren Schreinereien in derselben Region verspricht, jeweils bei Google an erster Stelle zu stehen, kann dieses Versprechen logischerweise nicht für alle erfüllt werden.

Genauso verhält es sich mit Reichweite auf LinkedIn: Sie ist eine begrenzte Ressource. Je mehr Kund:innen ein Beratungsunternehmen betreut, desto schwieriger wird es, allen eine signifikante Steigerung ihrer Reichweite zu ermöglichen – es sei denn, LinkedIn gewinnt gleichzeitig in enormem Umfang neue aktive Nutzer:innen, was unwahrscheinlich ist.

Das Geschäftsmodell vieler Berater:innen beruht also auf einem Versprechen, das systematisch nicht für alle erfüllbar ist.

So, das war jetzt etwas lang. Ich bin mal gespannt auf eure Rückmeldungen. Lege ich total falsch?

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Ich hab mal was Neues ausprobiert. Die Erstversion hiervon habe ich /ziemlich in dieser Länge) etwas konfus diktiert (Windows-Spracherkennung mittels WindowsTaste-Shift-S auf meine Notizseite bei Google Drive [Google hat an sich diese Funktion Ja. auch]) und dann habe ich ChatGPT eine "professionelle" Version davon texten lassen (wie gesagt, ziemlich in gleicher Länge) UND das auch noch über den Umweg der "KI-Taste" auf meiner Maus (Logitech bietet so ein Option). Es hat nicht der GANZE Text in das Logitech-ChatGPT-Fenster gepasst, aber der Schluss hat sich eh etwas wiederholt. Den letzten Satz hab ich aber manuell rübergerettet. Freu mich auch über Feedback zum 'Making of...'



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